Sicherheitsleitfaden für Helfer*innen

Detaillierte Fassung – Version 1.0

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Angesichts der sich auch in Hessen immer weiter ausbreitenden SARS-CoV-2 Pandemie, die durch den Coronavirus Covid 19 aus gelöst wird, wird es in Zukunft wohl notwendig werden, die sogenannte Risikogruppe (bspw. ältere Menschen, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen) ehrenamtlich zu versorgen, ihnen den Weg zu Supermarkt oder zur Apotheke und die damit verbundene Ansteckungswahrscheinlichkeit zu ersparen. Dieser Leitfaden soll Helfer*innen das grundsätzliche Wissen an die Hand geben, um sich selbst und andere vor einer Ansteckung schützen zu können. Der in den letzten Wochen verbreitete Begriff des »social distancing« ist dabei irreführend. Distanziert euch physisch, bleibt aber sozial und zeigt Solidarität!

Wenn ihr Menschen mit Dingen des alltäglichen Bedarfs versorgt, geht sicher, dass weder ihr euch anstecken könnt (auch schon beim Einkaufen) noch, dass andere sich bei euch anstecken können. Mit das Schwierigste bei der Einhaltung der richtigen Verhaltensweisen ist, sich ständig des Risikos als potenzielle*r Überträger*in als auch des Risikos sich selbst zu infizieren bewusst zu sein und das eigene Verhalten daran anzupassen. Geht wachen Kopfes mit dieser Situation um, seid kreativ und betrachtet euer eigenes Verhalten kontinuierlich. Packt euer Handy beispielsweise in eine Plastikfolie und telefoniert über Lautsprecher, wenn ihr für andere Menschen unterwegs seid und es nutzen wollt. Denkt über Fragen nach, wie: Was fasse ich da gerade an? Wo war die Hand davor und wird das der oder die Versorgte später auch anfassen? Solltet ihr selbst eindeutige oder grippeähnliche Symptome haben, stellt eure Arbeit sofort ein, begebt euch in Quarantäne, benachrichtigt eure*n Hausärzt*in oder die Behörden, uns und natürlich die Menschen, mit denen ihr in den letzten Tagen Kontakt hattet. Denk daran, dass Patient*innen schon wenige Tage vor dem Einsetzen von Symptomen andere Menschen anstecken können[1] und dies noch bis zu 12 Tage danach oder sogar länger möglich ist[2]. Es wurden auch Patient*innen gemeldet, die keine Symptome hatten und trotzdem andere mit dem Erreger infizieren konnten[3].

Wir haben uns entschieden, euch einen kleinen Leitfaden zur Verfügung zu stellen, den wir aber gleichzeitig umfassend mit Informationen ausstatten – denn gesicherte Informationen sind für viele heute schwer zu bekommen, bzw. schwer von Unsinn zu trennen. Sollten neue Erkenntnisse veröffentlicht werden, werden wir aktualisierte Versionen dieses Leitfadens veröffentlichen.

Die wichtigsten Sicherheitsregeln:

  1. Kontaktvermeidung/-minimierung:
    • Helft wenigen, aber kontinuierlich.
    • Bedenkt auch digitale Hilfsformen (Telefon, Video).
  2. Abstandsregelung von min. 1,5 bis 2 Meter einhalten und körperliche Berührung unterlassen.
  3. Regelmäßiges Händewaschen mit Seife (min. 20 Sek.) oder desinfizieren (min. 30 Sek.). Hautschutz mit Creme nicht vergessen.
  4. Mundschutze können sinnvoll sein.
  5. Handschuhe sind praktisch, aber unter gewissen Umständen verzichtbar.
  6. Schmier- / Kontaktinfektionen bei gemeinsam genutzten Gegenständen vermeiden (Abwaschen, desinfizieren oder lange Zeit stehen lassen, bargeldlose Zahlung bevorzugen).

Eigen- und Fremdschutz gehen zwar Hand in Hand, es gibt aber auch Besonderheiten, auf die man achten sollte. Im Folgenden gehen wir auf verschiedene Schutzmaßnahmen ein und erläutern, wo nötig, wer von der jeweiligen Maßnahme eigentlich geschützt wird.

Abstandsregelungen: Haltet generell physisch Abstand zu anderen Menschen, gebt niemandem die Hand, umarmt euch nicht. Selbst beim Tragen eines Mundschutzes und einer Schutzbrille ist es ratsam weiterhin ein Abstand von 1,5 – 2 m voneinander einzuhalten.

Regelmäßiges gründliches Händewaschen mit Seife und für min. 20 Sekunden hilft durchaus, den Erreger von den Händen zu bekommen.

Geeignete Desinfektionsmittel enthalten nicht unter 62% Ethanol[4], wobei Konzentrationen ab 70% Ethanol sicherer wirken[5]. Auch gleich hohe oder höhere Konzentrationen anderer Alkohole, wie 1-Propanol oder 2-Propanol[4] oder generell alle mindestens als »begrenzt viruzid« gekennzeichneten Desinfektionsmittel sind wirksam[6]. Die Einwirkzeiten bei Händen, anderen Körperstellen oder Gegenständen beträgt mindestens 30 Sekunden. Während dieser Zeit muss die zu desinfizierende Stelle mit Desinfektionsmittel vollständig bedeckt sein. Erst dadurch kann es seine volle Wirkung entfalten. Man spricht auch vom Feuchthalten für 30 Sekunden. Je nach Desinfektionsmittel können aber auch andere Zeiten auf der Verpackung angegeben sein. Denkt bitte daran, das Äußere der Desinfektionsmittelflasche immer mit zu desinfizieren und die Haut euerer Hände mit Creme zu Pflegen – rissige Haut könnte die Infektionsgefahr erhöhen.

Atemmasken sind ein sinnvoller Teil der Schutzausrüstung. Eines muss aber vorweg gesagt werden: Es besteht momentan ein Mangel an Schutzausrüstung und wir müssen darauf achten, keinesfalls in Konkurrenz zu Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen um diese Schutzausrüstung zu treten. Denn in diesen Einrichtungen wird diese Ausrüstung dringender gebraucht als von uns. Wenn ihr also zufällig Schutzausrüstung zuhause habt – super! Benutzt sie gerne oder spendet sie an andere Helfer*innen. Versucht aber bitte nicht, Schutzausrüstung nachzukaufen, die im Gesundheitssystem gebraucht wird. Dazu zählen auch die Atemmasken, die wir euch im Folgenden erklären! Theoretisch sind nur sog. FFP3-Masken (filtering face piece) tatsächlich für den Eigenschutz gegen Viren geeignet[7]. Laut Robert-Koch-Institut erlaubt sind momentan aber auch FFP2-Masken – sogar im medizinischen Bereich[8]. Durch die praktisch immer vorhandenen Ausatemventile (sowohl bei FFP-Masken der Stufe 2 als auch der Stufe 3) sind sie aber nur zum Eigenschutz geeignet, nicht aber zum Schutz anderer. Diese Ventile sollen den Widerstand beim Ausatmen verringern. Dabei leiten sie aber die ausgeatmete Luft an der Filterfunktion der Maske vorbei, wodurch eventuell von einem selbst ausgestoßene Erreger andere infizieren können. Für den Fremdschutz, also den Schutz anderer vor den selbst ausgehusteten oder beim Sprechen ausgeschleuderten Erregern, sind sogenannte MNS-Masken (Mund-Nasen-Schutz), eine selbstgenähte Stoffmaske oder einfach ein Schal geeignet – völlig sicher sind sie aber nicht. Solltet ihr FFP2/3-Maske benutzen, zieht bitte eine MNS-, eine Stoffmaske oder ähnliches darüber. Achtet aber darauf, dass die oben liegende MNS oder Stoffmaske nicht zu fest geschnürt ist, weil sich die unten liegende FFP2/3-Maske durch den Druck verformen kann und dann nicht mehr ganz am Gesicht anliegt. Das würde die Schutzwirkung verringern. Auch ein Bart kann dazu führen, dass die Maske nicht dicht genug am Gesicht anliegt.

Sowohl FFP2/3- als auch MNS-Masken[9] und Stoffmasken können wiederverwendet werden. Sie werden nach der Benutzung an einem sicheren Ort abgelegt bevor sie erneut verwendet werden. Der Ort sollte gut belüftet, mit niedriger Luftfeuchte, sein. Deshalb sollte man sie nicht in geschlossene Behälter verpacken und sie auch sicherheitshalber nicht in Wohnräumen lagern. Auch darf man FFP2/3-Masken nicht chemisch desinfizieren, da das die Schutzwirkung der Maske stark verringern kann. Das gilt aber natürlich nicht für selbstgenähte Masken. Diese könnt ihr ruhig desinfizieren oder gründlich mit Seife waschen.

Beim An- und Ausziehen sollte man darauf zu achten, dass man keine evtl. vorhandenen Erreger von den Händen oder dem Äußeren der Maske auf deren Innenseite überträgt. Der Ablageort der Maske sollte danach desinfiziert werden. FFP- oder MNS-Masken, die entweder durch die Atemluft oder beispielsweise durch Regen »durchfeuchtet« wurden oder deren Äußeres (vermutlich) stark mit Erregern belastet ist, müssen in geschlossenen Behältern entsorgt werden. Wenn ihr euch Stoffmasken selbst nähen wollt, achtet bitte darauf, möglichst engmaschigen Stoff zu verwenden und näht ihn in mehreren Schichten übereinander.

Schutzbrillen sollen vor allem die Übertragung des Erregers durch Mikrotropfen, die ins offene Auge gelangen, schützen. Eine geschlossene Schutzbrille wirkt besser als eine »normale« Brille oder Sonnenbrille. Sollten geschlossene Brillen aber nicht vorhanden sein, sind andere Alternativen besser als nichts. Zusätzlich zum Schutz vor Mikrotropfen schützt jede Art von Brille vor allem auch vor dem Einreiben von Erregern auf den Händen in das eigene Auge (zumindest zu einem gewissen Grad, der von der eigenen Bewusstheit im Umgang mit dem Erreger abhängt.).

Schutzhandschuhe dienen dem Eigenschutz und ermöglichen das einfache »abstreifen« von Kontaminationen. Wenn man die Handschuhe zwischendurch desinfizieren möchte, sollten sie möglichst aus Nitril bestehen. Latex- und Vinylhandschuhe sind aufgrund ihrer Durchlässigkeit für Ethanol als auch für 2-Propanol (Isopropanol), wie sie in Desinfektionsmitteln enthalten sind, eher ungeeignet (nicht, weil sie dadurch beeinträchtigt werden oder durchlässig für Erreger, sondern weil sich bei der Desinfektion der Handschuhe Alkohole unter dem Handschuh sammeln und die Haut schädigen könnten). Desinfiziert man die Handschuhe nicht, sind Latex-Handschuhe wegen ihrer Robustheit die bessere Wahl – sofern man natürlich keine Latex-Allergie hat. Nitrilhandschuhe können während der Arbeit zwar zwischenzeitlich desinfiziert werden, sie sind aber auch anfälliger für Durchstöße und Risse. Sie sollten also gewechselt werden, wenn sie stark beansprucht wurden. Das Desinfizieren oder gründliche Waschen der Hände nach dem Ablegen der Schutzhandschuhe ist absolut unverzichtbar! Wenn man aber die Möglichkeit hat, sich zwischendurch die Hände zu desinfizieren oder sie gründlich zu waschen, ist das Tragen von Handschuhen nicht unbedingt nötig, es sei denn man hat Wunden oder rissige Haut an den Händen!

Schmierinfektion und Standzeiten: Da die Bedeutung von Schmierinfektionen für die Übertragung des Erregers weiterhin unklar ist[10], sollte man diesen möglichen Übertragungsweg nicht außer Acht lassen. Gerade wenn man Dinge aus dem Supermarkt besorgt. Hier sind viele andere Menschen unterwegs, von denen einige vielleicht unwissentlich erkrankt sind und den Erreger weitergeben. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass Teile des Einkaufs den Erreger auf der Oberfläche tragen. Die Zahl der Erreger auf einzelnen Produkten dürfte in den meisten Fällen zwar recht gering sein, sie könnten aber trotzdem für eine Ansteckung durch Schmierinfektion ausreichen. Da es unpraktikabel wäre, den ganzen Einkauf zu desinfizieren, könnte man sich die begrenzte Stabilität des Erregers auf trockenen Oberflächen zunutze machen. Eine in den letzten Wochen viel zitierte Studie legt nahe, dass die Zahl aktiver Erreger selbst auf Plastik (das Material, auf dem der Erreger am längsten überdauern können soll) innerhalb von etwa 20 Stunden um 90% abfällt[11]. Standzeiten könnten also tatsächlich ein gutes Mittel sein, um Übertragungen durch Schmierinfektionen zu verhindern. Dazu müsste man sicherstellen, dass der Einkauf vor dem Auspacken eine gewisse Zeit an einem trockenen, möglichst nicht zu kalten Ort stehen kann (aber nicht in Wohnräumen, um eine Verteilung des Virus in der Wohnung zu verhinden). Dann würden Tröpfchen und Filme, in denen der Erreger auf den Produkten überdauern könnte, austrocknen und der Erreger dadurch inaktiviert werden. Damit die Oberfläche der Einkäufe auch wirklich trocknen kann, muss auf das einpacken von gekauften Produkten in geschlossene Plastiktüten oder andere geschlossene Behälter verzichtet werden. Dieselbe Technik könnte für Schutzmasken angewendet werden. Lässt man sie einige Tage liegen (trocken, nicht zu kalt und nicht in Wohnräumen), müssten die Erreger auf der Maske inaktiviert sein. Bei der wahrscheinlich geringen Zahl von Erregern und dem geringen Volumen von Tröpfchen und Filmen, könnte dieser Prozess recht schnell ablaufen und die Zahl der Erreger unter ein infektiöses Niveau fallen. Da das aber von vielen Faktoren abhängt, wie Erregerzahl, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Volumen der Tröpfchen/Filme, Materialbeschaffenheit und es teilweise stark widersprüchliche Aussagen zur Stabilität des Erregers auf Oberflächen gibt, können hier leider keine klaren Handlungsanweisungen gegeben werden. Wenige Stunden Lagerzeit werden aber mit relativ großer Sicherheit nicht ausreichen.

Fußnoten

  1. Rothe, Camilla, et al. »Transmission of 2019-nCoV infection from an asymptomatic contact in Germany.« New England Journal of Medicine (2020). [zurück]
  2. Williams, Shawna »Studies Estimate Incubation Time, Infectious Period of SARS-CoV-2.« The Scientist Mar 10, 2020 () [zurück]
  3. Hu, Zhiliang, et al. »Clinical characteristics of 24 asymptomatic infections with COVID-19 screened among close contacts in Nanjing, China.« Science China Life Sciences (2020): 1–6. [zurück]
  4. Diese Desinfektionsmittel machen Coronaviren den Garaus (Stand 26.02.2020). (https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2020/02/26/diese-desinfektionsmittel-machen-coronaviren-den-garaus) [zurück]
  5. Hinweise zur Herstellung und zur Wirksamkeit von Händedesinfektionsmitteln aus 2-Propanol, 1-Propanol oder Ethanol vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie aufgrund der Mitteilungen der BAuA vom 4. März 2020 und 13. März 2020 (Stand 19.03.2020) () [zurück]
  6. Welche Mittel sind geeignet bei Desinfektionsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2)? (Stand 24.01.2020) () [zurück]
  7. https://www.uvex-safety.com/de/wissen/normen-und-richtlinien/atemschutzmasken/die-bedeutung-der-ffp-schutzklassen/ [zurück]
  8. Empfehlungen des Robert Koch-Institutes zu Hygienemaßnahmen im Rahmen der Behandlung und Pflege von Patienten mit einer Infektion durch SARS-CoV-2 (Stand 20.3.2020). () [zurück]
  9. Mögliche Maßnahmen zum ressourcenschonenden Einsatz von Mund-Nasen-Schutz (MNS) und FFP-Masken in Einrichtungen des Gesundheitswesens bei Lieferengpässen im Zusammenhang mit der neuartigen Coronavirus-Erkrankung COVID-19 (Stand 13.03.2020). () [zurück]
  10. SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) (Stand 21.03.2020) () [zurück]
  11. van Doremalen, Neeltje, et al. »Aerosol and Surface Stability of SARS-CoV-2 as Compared with SARS-CoV-1.« New England Journal of Medicine (2020). [zurück]